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Baukindergeld

Baukindergeld

Klientelpolitik, Neid, Missgunst oder sinnvolle Förderung von Familien mit Kindern?

Es liegt erfahrungsgemäß in der Natur der Sache, dass besonders bei neu eingeführten staatlichen Förderungen für bestimmte Zielgruppen die Kritik und ablehnenden Reaktionen bei den hiervon nicht Begünstigten und Berechtigten laut und deutlich vernehmbar sind. Nicht viel anders verhält es sich bei der gesamtgesellschaftlichen Diskussion um das im Juli 2018 vom Deutschen Bundestag beschlossenen „Baukindergeld“, welches seither die Zielscheibe vieler kritischer, sowohl berechtigter als auch unberechtigter Anmerkungen ist. Als finanzielle Erleichterung und Unterstützung der Eigentumsbildung bei Immobilien für Familien mit Kindern sowie als Ersatz für die im Jahr 2005 abgeschaffte Eigenheimzulage geplant, konzipiert und umgesetzt, wurde und wird das Baukindergeld vor allem als sozial unausgewogen bemängelt. Die neue Förderung erreiche den zugrunde liegenden Kriterien demzufolge angeblich hauptsächlich die bereits gut situierte Mittelschicht, die eigentlich keine solche Hilfe benötige und benachteilige darüber hinaus die tatsächlich bedürftigen einkommensschwachen Familien und Haushalte. Ob und inwiefern diese Kritik eventuell in der Praxis zu pauschal und damit unzutreffend ist, oder vielmehr auch eine Berechtigung besitzt, soll anhand der genaueren Erklärung und Erläuterung des Baukindergeldes in den folgenden Absätzen kurz skizziert und veranschaulicht werden.

Die entsprechenden gesetzlichen Grenzen sind formal und zeitlich recht eng gesetzt

Rein organisatorisch untersteht die entsprechende Förderung dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und wird im Falle bewilligter Anträge durch die nationale Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ausgezahlt. Im Einzelnen betrifft das Baukindergeld den durch einen Vertrag oder eine Genehmigung nachgewiesenen Bau oder Kauf einer von der Familie mit Kindern unter 18 Jahren selbst genutzten Immobilie im begrenzten Zeitraum zwischen Anfang Januar 2018 und Ende Dezember 2020. Der Antrag muss spätestens 3 Monate nach dem Einzug, jedoch letztmöglich mit Frist zum 31. Dezember 2023 gestellt werden. Nach der erfolgten Bewilligung erhalten Familien mit einer Einkommensgrenze von höchstens 90.000 Euro Haushaltseinkommen im Jahr pro Kind einen alljährlichen Zuschuss von 1.200 Euro über einen Zeitraum von maximal 10 Jahren. Die Einkommensgrenze des Haushaltseinkommens steigt mit jedem weiteren Kind um 15.000 Euro, für sämtliche Kinder muss ein Kindergeldanspruch bestehen und alle Kinder müssen ihren Hauptwohnsitz verpflichtend im entsprechenden Haushalt haben. Für den Anspruch auf Baukindergeld darf zum Zeitpunkt der Genehmigung zum Bauen oder des Datums des notariellen Kaufvertrags nicht bereits anderes Wohneigentum bestehen. Das Haus oder die Wohnung kann ein Neubau oder eine Bestandsimmobilie im gesamten Bundesgebiet sein und unterliegt keiner Wohnflächenbegrenzung. Die Zuschüsse müssen nicht zurückgezahlt, können jedoch nicht für Anbau, Sanierung oder Umbau verwendet werden.

Beim genaueren Hinsehen eröffnet die Förderung eine Reihe von Möglichkeiten

Generell und grundsätzlich besteht der Anspruch auf Baukindergeld auch beim Kauf von bereits vorher gemieteten Wohnimmobilien. Als Nachweise für das Einzugsdatum gelten in diesem Fall das Datum der Unterzeichnung auf dem notariellen Kaufvertrag und die nach Antragstellung ausgestellte aktuelle Meldebescheinigung mit allen relevanten Daten. Das Haus oder die Wohnung muss für einen positiven Bescheid den Antragstellern (Eltern oder Lebenspartner mit Kindern) gemäß dem Grundbucheintrag gemeinsam zu mindestens 50 Prozent gehören. Die verbleibenden 50 Prozent oder auch weniger können sich im Besitz anderer Personen wie zum Beispiel der Großeltern befinden. Obligatorisch ist allerdings der Vermerk der Antragsteller als Miteigentümer der durch das Baukindergeld geförderten und selbst genutzten Immobilie im Grundbuch. Ebenso möglich ist die Förderung im Fall eines Kaufs der Immobilie nach einer Trennung der Eltern bzw. Lebenspartner, so etwa wenn das Haus oder die Wohnung vom ehemaligen Partner gekauft werden soll, damit die Kinder weiterhin dort leben können. Entscheidendes Kriterium für die Bewilligung hierbei ist, dass zwischen Käufer(n) und Verkäufer(n) kein Verwandtschaftsverhältnis in gerader Linie besteht. Beim sog. paritätischen Wechselmodell mit Kindergeldberechtigung und Sorgerecht bei beiden Elternteilen ist die Förderung auch dann möglich, wenn das Kind bzw. die Kinder nur mit Nebenwohnsitz gemeldet ist/sind. Für ein und dasselbe Kind kann jedoch keine Doppelförderung bei verschiedenen Wohnsitzen gewährt werden. Auch bei eingetragenem Nießbrauch einer bereits im Eigentum befindlichen sowie dem Kauf einer neuen Immobilie zwecks Eigennutzung wird kein Baukindergeld bewilligt.

Keine Förderung bei direkter Verwandtschaft, aber für moderne Familienformen

Gleichermaßen besteht ein Anspruch auf die Förderung, wenn auf einem geerbten oder geschenkten Grundstück eine bestehende Wohnimmobilie vollständig abgerissen oder rückgebaut sowie eine neue Wohnimmobilie ausschließlich zur Selbstnutzung errichtet wird. Hierfür muss zusätzlich zu den weiter oben genannten erforderlichen Dokumenten durch geeignete Nachweise belegt werden, dass der Abriss oder der Rückbau bei der Antragstellung bzw. spätestens ein halbes Jahr nach Einzug in die neue selbst genutzte Wohnimmobilie im vollen Umfang erfolgt ist. Abschließend und zusammenfassend kann die derzeitige Praxis bei Bewilligung und Vergabe von Baukindergeld angesichts der im zweiten Absatz genannten positiven und negativen Ausnahmen sowie Sonderreglungen in Bezug auf bereits bestehendes Wohneigentum und Förderungsmöglichkeiten auch für in Trennung lebende Eltern/Paare mit Kindern als mit leichten Einschränkungen durchaus sinnvoll und damit angemessen zeitgemäß eingestuft werden.

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